Positionspapier zur Rüstungskonversion
Für neue Initiativen zur Umstellung der Rüstungsindustrie
Der Bundesausschuss Friedensratschlag und die Kooperation für den Frieden
rufen friedensbewegte Menschen und Organisationen auf, für Rüstungskonversion
verstärkt wieder in der Öffentlichkeit zu werben. Auch die Ergebnisse der
kommenden Gewerkschaftstage der beiden großen Gewerkschaften IG Metall
und Ver.di sind dafür geeignet.
Rüstungskonversion ist die Umstellung industrieller militärischer Produktion auf zivile
Fertigung. Dies gilt auch für die Überführung von militärischen Liegenschaften in
zivile Nutzung und die Umstellung von Rüstungs- in zivile Forschung.
Rüstungskonversion war vor Jahren ein verbreitetes Thema mit vielfältigen
AkteurInnen, z.B.:
- gewerkschaftlichen Arbeitskreisen und der Bremer Stiftung für Rüstungskonversion
und Friedensforschung; - Rüstungskonversionsprogramme in Bremen (dem Bundesland mit der höchsten
Konzentration von Rüstungsproduktion) und in Schleswig Holstein; - Liegenschaftskonversionsprojekte im großen Umfang in Hessen und Rheinland
Pfalz; - Konversionsprojekte in Zusammenhang mit der Abwicklung der NVA in der DDR
und dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus der DDR.
Rüstungskonversion war in einzelnen Fällen und Bereichen erfolgreich, aber eine
vielfältige breite Umstellung militärischer Produktion auf zivile gab es nicht. Heute
herrscht weltweit ein Klima der Konfrontation und der Aufrüstung. Eine
gesellschaftliche Atmosphäre und Konstellation, die Rüstungskonversion wieder
ermöglicht, muss deshalb durch eine breite Koalition vor allem aus Gewerkschaften
und Friedensbewegung erstritten werden.
Dazu bedarf es:
- der Überwindung der Aufrüstungspolitik in Deutschland, die sich an dem Ziel der
NATO orientiert, 2% des Bruttosozialprodukts für das Militär auszugeben; - eine Beendigung des expansiven Rüstungsexports;
- des Endes einer Politik, die Interventionskriege für „eigene Ressourcen und
Handelswege“ als legitime Fortsetzung der Politik ansieht; - des Drucks auf die Konzerne der Rüstungsindustrie und Politiker, die sich diesen
Erfordernissen entgegenstellen.
Eine Umwandlung der Rüstungsproduktion in zivile, gesellschaftlich nützliche Produkte
ist möglich und notwendig. Es erfordert einen längerfristigen Prozess, um
Unternehmen von Rüstungsaufträgen unabhängig zu machen. Den dort Beschäftigten
ist eine Tätigkeit auf einem zivilen Arbeitsplatz zu garantieren. Die zum großen
Teil hochqualifizierten Beschäftigten könnten helfen, den Fachkräftemangel zu
lindern.
Überlegungen, die in eine „neue Konversionsstrategie“ einfließen sollten
- Konversion ist ein gesellschaftliche gesamtstaatliche Aufgabe und nicht nur
eine Produktionsumstellung in einem Betrieb. Ein nationaler Fond, gespeist
aus ehemaligen Rüstungsausgaben und Gewinnen von Rüstungsunternehmen,
ist ebenso unabdingbar notwendig wie Staatsaufträge für zivile Produkte
und Dienstleistungen. Rüstungskonversion kostet zumindest in der Startphase
auch Geld, muss doch auch über eine Diversifizierung der Produktion sowie
über eine intensive bezahlte Umschulung und Fortbildung der Beschäftigten
nachgedacht werden. - Die gesamte dual-use Produktion/Forschung muss mit einbezogen werden.
Zivile Nutzung und Entwicklung darf nicht durch die Hintertür als umgedrehter
„spin-off“ wieder militärisch genutzt werden. Dies gilt besonders für die
Kommunikations- und Informationstechnologien. - Rüstungsproduktion ist staatliche Auftragsproduktion und Produktion für den
Rüstungsexport mit gewaltigen Möglichkeiten der nachträglichen Preiserhöhungen
(und der Korruption). Dies ist im zivilen Bereich so kaum möglich.
Deshalb ist die Überführung von Rüstungskonzerne in gesellschaftliches
Eigentum (Grundgesetz § 14,15) mit in die Diskussion einzubeziehen - Konversion wird nur mit der Mitbestimmung der Beschäftigten und der
Gewerkschaften (z. B. Konversionsbeiräte) sowie der Zivilgesellschaft
funktionieren. Dieses beinhaltet auch eine Produktionsmitbestimmung, geht es
doch darum, die Umstellung zu nutzen, um zu nachhaltigen, gesellschaftlich
sinnvollen Produkten zu gelangen. Jeglicher Rückfluss ins Militärische muss
abgewendet werden.
Konversion ist ein wichtiger Schritt zur Wahrung und zum Ausbau des
Friedens. Konversion sollte im Themenkatalog der Friedensbewegung
verankert werden. Der Zusammenarbeit mit Gewerkschaften kommt dabei eine
wichtige Rolle zu.
Berlin und Frankfurt, 26. August 2015
Für Rückfragen:
Reiner Braun, Tel. 0172-2317475
Willi van Ooyen, Tel. 0170-1851517